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Die Geschichte von den Gehörlosen

Die Geschichte von den Gehörlosen ist aufregend.
Und sie ist sehr spannend.
Wir haben ein paar wichtige Themen ausgewählt.

Vor langer Zeit haben die Menschen gesagt:

Die Gehörlosen sind dumm.
Die Gehörlosen können nichts lernen.
Die Gehörlosen können nicht lesen und nicht schreiben.
Deshalb können die Gehörlosen auch nicht erben.

Was heißt „nicht erben“?
Zum Beispiel:

Ein Mann stirbt.
Der Mann hat ein Haus.
Der Sohn ist gehörlos.
Der Sohn kann nicht lesen und nicht schreiben.
Dann darf der Sohn das Haus nicht erben.

Das heißt:

Der Sohn bekommt das Haus nicht.

Dann haben viele reiche Familien gesagt:

Das ist nicht gut.

Die reichen Familien haben gesagt:

Unser Sohn soll lesen und schreiben lernen.
Dann kann der Sohn erben.

Die Menschen haben überlegt:

Wie können die Gehörlosen lesen und schreiben lernen?

Die Menschen haben 2 Methoden erfunden.

  • die Französische Methode und
  • die Deutsche Methode

Eine Methode ist eine Arbeits-Weise.


Wer hat die Französische Methode erfunden?
Abbé de L´Epée ist Priester gewesen.
Abbé de L´Epée ist französisch.

Das spricht man so:
Abe dö Lepee.

Abbé de L´Epée hat in Frankreich gelebt.
Abbé de L´Epée hat die Französische Methode erfunden.

Abbé de L´Epée hat gesagt:

  • Die Gebärden∙sprache ist die Sprache von den Gehörlosen.
  • Die Gehörlosen sollen die Gebärden∙sprache lernen.
  • Die Gehörlosen sollen schreiben und lesen lernen.
  • Und die Gehörlosen sollen viele andere Sachen lernen.

Viele Gehörlose haben bei Abbé de L´Epée sehr viel gelernt.
Und:
Diese Gehörlosen haben dann auch als Lehrer gearbeitet.

Wer hat die Deutsche Methode erfunden?
Samuel Heinicke ist Lehrer gewesen.
Samuel Heinicke hat in Deutschland gelebt.
Samuel Heinicke hat die Deutsche Methode erfunden.

Samuel Heinicke hat gesagt:

  • Die Gehörlosen müssen sprechen lernen.
  • Die Gehörlosen dürfen nicht gebärden.
  • Die Gehörlosen müssen Lippen lesen lernen.
    Das bedeutet:
    Die Gehörlosen müssen auf den Mund schauen.
    Und die Wörter erraten.

Aber:
Samuel Heinicke hat auch gesagt:

Die Gehörlosen müssen viele andere Sachen nicht lernen.

Der Mailänder Kongreß
Ein paar Lehrer haben gesagt:

Die Französische Methode ist gut.

Andere Lehrer haben gesagt:

Die Deutsche Methode ist gut.

Die Lehrer haben sich dann in Mailand getroffen.
Das war im Jahr 1880.
Das Treffen heißt:
der Mailänder Kongreß.

Die Lehrer haben sehr gestritten.
Dann haben die hörenden Lehrer gesagt:

Die gehörlosen Lehrer dürfen nicht mit∙reden.
Die gehörlosen Lehrer müssen hinaus gehen.

Die hörenden Lehrer haben dann entschieden:

Die Französische Methode ist schlecht.
Die Deutsche Methode ist gut.
In Zukunft nehmen wir die Deutsche Methode.

Das ist eine schlimme Entscheidung für die Gehörlosen.

Die Folgen vom Mailänder Kongreß
Die Folgen vom Mailänder-Kongreß sind schlecht für Gehörlose.

Zum Beispiel:

  • Es gibt nur wenig gehörlose Lehrer.
  • Die Gehörlosen wissen viele Sachen nicht.

Die Gehörlosen hören nicht.
Aber:

Die Gehörlosen müssen Deutsch lernen.
Die Gehörlosen lernen Deutsch mit Lippen lesen.

Das ist nicht möglich.
Deshalb wissen die Gehörlosen viele Sachen nicht.

  • Die Gehörlosen lernen nur einfaches Deutsch. Deshalb können nur wenige Gehörlose studieren. Viele Gehörlose müssen eine Lehre machen.
  • Die Gebärden∙sprache ist in ein paar Schulen verboten.
  • Es gibt zu wenig Informationen in Gebärden∙sprache.

Die Zeit vom National∙sozialismus und vom 2. Welt∙krieg
Von 1932 bis 1945 haben die National∙sozialisten regiert.
Diese Zeit ist für viele Menschen schlimm gewesen.
Und es ist gefährlich gewesen.
Die National∙sozialisten:

  • haben die Gehörlosen verfolgt.
  • haben viele Gehörlose ermordet.
  • haben viele Gehörlose operiert.
    Die Gehörlosen haben danach keine Kinder bekommen können.
    Das Wort für die Operation heißt:
    Zwangs∙sterilisation.

Die Zeit nach dem 2. Welt∙krieg
Es wird besser für die Gehörlosen.

Früher haben die Menschen gesagt:

Die Gehörlosen können nicht hören.
Deshalb können sie viele andere Sachen auch nicht.

Das hat sich zum Glück geändert.
Jetzt sagen die Menschen:

Die Gehörlosen können nicht hören.
Aber dafür können sie viele andere Sachen gut.

Was haben die Gehörlosen bis jetzt geschafft?

  • Die Gehörlosen lassen sich nichts mehr gefallen.
  • Die Gehörlosen organisieren große Kongresse.
    Bei einem Kongress treffen sich viele Menschen.
    Die Menschen sprechen dort über wichtige Sachen.
  • Es gibt viele Gehörlosen∙vereine und Gehörlosen∙verbände.
  • Es gibt ein paar Gehörlosen∙ambulanzen in Österreich:
    • in Linz
    • in Graz
    • in Salzburg
    • in Wien
    • in Klagenfurt und
    • in Wiener Neustadt

In den Gehörlosen∙ambulanzen arbeiten Ärzte.
Und Kranken∙schwestern.
Die Ärzte und Kranken∙schwestern können gebärden.

  • Es gibt Kinder∙bücher in Gebärden∙sprache.
  • Im Fernsehen gibt es Kinder∙sendungen in Gebärden∙sprache.
  • Es gibt einen Telefon∙dienst für Gehörlose.
    Diesen Telefon∙dienst gibt es in ganz Österreich.

Seit dem Jahr 1980
Es gibt im O∙R∙F Sendungen mit Unter∙titeln.
O∙R∙F ist eine Abkürzung für Österreichischer Rund∙funk.
Unter∙titel heißt:

Bei jeder Sendung kannst du den Text hören.
Und du kannst zugleich den Text mit-lesen.

Das gibt es seit dem Jahr 1980.

Seit dem Jahr 1998
Die Gehörlosen brauchen manchmal Dolmetscher.
Diese Dolmetscher heißen Gebärden∙sprach∙dolmetscher.
Diese Dolmetscher können die Gebärden∙sprache.
In Österreich gibt es Kurse für Gebärden∙sprach∙dolmetscher.
Diese Kurse gibt es seit dem Jahr 1998.

Ungefähr seit dem Jahr 1999
Die Gehörlosen können Lehrer für Gebärden∙sprache werden.
Das heißt:

Die Gehörlosen können einen Kurs machen.
Dann machen sie eine Prüfung.
Dann sind sie Lehrer für Gebärden∙sprache.

Diese Kurse gibt es in verschiedenen Bundes∙ländern.
Diese Kurse gibt es ungefähr seit dem Jahr 1999.

Im Jahr 2005
Die österreichische Regierung hat sich getroffen.

In einer Regierung sitzen Menschen.
Diese Menschen sprechen über wichtige Sachen.
Und diese Menschen machen auch Gesetze.

Die österreichische Regierung hat gesagt:

Ja es gibt eine Gebärden∙sprache.
Die Gebärden∙sprache ist eine richtige Sprache.
Die Gebärden∙sprache ist gleich wichtig wie Deutsch.
Oder wie Kroatisch.
Oder wie Ungarisch.

Im Jahr 2010
Viele Lehrer treffen sich in Vancouver.
Vancouver ist eine Stadt in Kanada.
Die Lehrer haben gehörlose Schüler.

Die Lehrer sagen:

Wir haben früher große Fehler gemacht.
Beim Mailänder Kongreß haben wir falsch entschieden.
Der Mailänder Kongreß war schlecht für die Gehörlosen.

Damals beim Mailänder Kongreß haben die Lehrer gesagt:

Die Gehörlosen müssen sprechen lernen.

Und die Lehrer haben gesagt:

Die Gehörlosen dürfen nicht Gebärden∙sprache lernen.

Das war falsch.

Im Jahr 2010 in Vancouver haben die Lehrer gesagt:

Wir möchten uns bei den Gehörlosen entschuldigen.

Von 2009 bis 2017
Helene Jarmer ist die 1. gehörlose Person im National∙rat.

Bei den Wahlen kannst du Parteien wählen.
Die Parteien schicken dann Menschen
in den National∙rat.
Diese Menschen heißen Abgeordnete.
Die Abgeordneten machen dann die Gesetze.

Die Gehörlosen haben viel geschafft.
Aber:
Sie haben noch nicht alles geschafft.
Deshalb sagen die Gehörlosen:

Wir kämpfen weiter.